Lucas van Uden (1595–1672): „Pictor Ruralium Prospectuum Antwerpiae“

Dieses Forschungsprojekt untersucht das Werk des Landschaftsspezialisten Lucas van Uden in seinem zeitgenössischen Kontext, um sein Leben und seine kunsthistorische Position neu zu bestimmen. Die Untersuchung hat zum Ziel, ausgehend von der digitalen Katalogisierung seiner Gemälde, Zeichnungen und Drucke, sein umfangreiches Oeuvre stilistisch und chronologisch zu ordnen. Dieses Projekt der kunsthistorischen Grundlagenforschung wird die Details über das Wirken dieses Künstlers, sein Leben und seine Position in Kunst und Gesellschaft des 17. Jahrhunderts in Antwerpen, Brüssel und dem Rheintal verdeutlichen. Darüber hinaus soll Van Udens bisher vernachlässigte Rolle bei der Produktion von Wandteppich-Kartons analysiert und kontextualisiert werden. Das Projekt ist am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte angesiedelt. Projektbearbeiterin ist Dr. Corina Kleinert.

Vita

Der Landschaftsmaler Lucas van Uden, geboren am 18. Oktober 1595 als Sohn des Antwerpener Stadtmalers Artus van Uden (1544 bis ca. 1633) und seiner Frau Johanna Trannoy, lernte vermutlich bei seinem Vater, in dessen Werkstatt er wohl zunächst als Vergolder und Fassmaler gearbeitet hat. Auch soll er die Antwerpener Teppich- und Seidenweberei seines Großvaters Peter van Uden mit Landschaftsentwürfen beliefert haben.

In den Jahren 1626 und 1627 ist Van Uden als Meistersohn der St. Lukasgilde in Antwerpen verzeichnet. Am 14. Februar 1627 heiratete er Anna van Woelput, die ihm acht Kinder gebar und mit der er komfortabel in Antwerpen wohnte. Den Unterlagen zufolge war er am 31. Dezember 1649 nicht in Antwerpen ansässig und hielt sich im folgenden Jahr in einer anderen Stadt, möglicherweise Brüssel, auf. Lucas van Uden starb am 4. November 1672 und wurde, wie seine 1667 verstorbene Frau, in der Antwerpener St.-Jakobs-Kirche beigesetzt.

Werdegang

Lucas van Uden wurde bereits von seinen Zeitgenossen für sein Gespür und sein besonderes Geschick beim Malen und Zeichnen der grünen Welt gerühmt und war bekannt für seine Landschaftsdarstellungen „uit den gheest“. Er stammte aus einer Antwerpener Künstlerdynastie und wurde 1626/27 als wijnmeester in der St. Lukas Gilde registriert. Kurz danach begann Van Uden auch, mehrere Landschaften von Rubens in kleinem Maßstab zu kopieren und entlehnte ihnen einzelne Motive, die in seinem gesamten Oeuvre wieder auftauchen. Es gibt jedoch keine Hinweise, dass er in der Werkstatt von Rubens als Spezialist für Landschaften arbeitete, wie es Jan Wildens tat.

Ab ca. 1630 führte Lucas van Uden einen erfolgreichen Werkstattbetrieb im Zentrum von Antwerpen, vielleicht mit Unterstützung seines Bruders Jacob sowie seiner Söhne und seiner Tochter Maria van Uden (1628–1665). Laut den liggeren, den Aufzeichnungen der Antwerpener St. Lukasgilde bildete Lucas van Uden in seiner Werkstatt auch aus. So sind für die Jahre 1640 und 1641 zwei Schüler registriert. Von 1641 bis 1642 ging auch Philips Augustijn Immenraet (1627–1679) bei Van Uden in die Lehre und spezialisierte sich später auf italianisierende Landschaften. Auch Jean Baptiste Bonnecroy (1618–nach 1676) und wahrscheinlich Van Udens Söhne wurden in seiner Werkstatt ausgebildet, ohne jedoch offiziell registriert gewesen zu sein. Van Udens Bruder Jacob, sowie dessen Sohn und Enkel, arbeiteten auch als Landschaftsmaler in Antwerpen. Ferner kollaborierte Van Uden regelmäßig mit den führenden Landschaftsmalern der Stadt wie David Teniers d. J. (1610–1690) und Jan Brueghel d. J. (1601–1678), die die Figuren in seinen Landschaften malten.

Oeuvre

Van Uden schuf auch detailliert ausgearbeitete, kolorierte Zeichnungen und eine Reihe von kleinformatigen Radierungen, die wiederum an die Landschaftsmalerei von Rubens anknüpfen. Wir wissen, dass sich der Künstler in Brüssel aufhielt und in den späten 1640er Jahren ins Rheintal reiste. Es sind jedoch weitere Forschungen nötig, um den tatsächlichen Wirkungskreis dieses einst so hoch angesehenen Landschaftsmalers zu klären.

Dies gilt auch für Van Udens Rolle als Autor von Wandteppich-Entwürfen mit Landschaftsmotiven. Es wird vermutet, dass er bereits die Antwerpener Teppich- und Seidenweberei seines Großvaters Peter van Uden sowie die Brüsseler Tapisserie Manufakturen von Guilliam van de Vijvere (?–1651/55) und Jean III Raes (aktiv 1629–1650) mit Kartons belieferte. Dieser Teil seines Oeuvres ist jedoch kaum bekannt und fließt in den wenigen Besprechungen seiner Werke nicht mit ein.  

Reputation

Die hohe Wertschätzung, die Van Udens zarten, poetisch inspirierten Gemälden im 18. Jahrhundert entgegengebracht wurde, verblasste mit der kritischen Kunstgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts. Seine Werke wurden als zweitrangig angesehen, da sie nicht „naer het leven“ waren, seine Farbgebung wurde als monoton und leblos verstanden und er wurde als bloßer Kopist und Nachahmer der Landschaften von Rubens abgestempelt. Diese Wahrnehmung hält sich bis heute: Lucas van Udens Werke werden nur selten ausgestellt; ein Großteil lagert in den Depots der Museen. 

Im Laufe der Zeit geriet der Name Lucas van Uden zunehmend in Vergessenheit. Da es kein kritisches Werkverzeichnis gibt, wuchs sein vermeintliches Oeuvre zu einem großen Fundus von allerlei Landschaften, die von vielen heute unbekannten Händen geschaffen wurden und sich in Stil und Qualität erheblich unterscheiden. Die meisten von ihnen haben nichts mit dem Künstler zu tun.

In der Kunstwelt war Lucas van Uden zu seiner Zeit und noch lange nach seinem Tod unter seinem eigenen Namen berühmt. Mit anderen Worten: Es war nicht sein Milieu, das seinen Beitrag schmälerte und seinen Namen vergaß, sondern unser eigenes.

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