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Augenblicke sind Begegnungen. Wie sich so vieles im Spinnennetz verfängt, verfängt sich auch unser Blick in ihm. Gleichzeitig unterliegen die Spinnweben einem ständigen Wandel, sie werden vom Wind verändert oder wieder weiterversponnen und existieren folglich ebenfalls in dieser Form, wie wir sie auf der Fotographie sehen, nur für einen Augenblick.
Um die Leichtigkeit und Fragilität der Spinnweben in der Installation beizubehalten, habe ich Seide als Trägermaterial gewählt. Beides verbindet sich über den Aspekt des von Tieren Geschaffenen und spiegelt die Kunst der Natur wider. Der dicht verwebte Stoff kontrastiert mit den zarten mehrschichtigen Spinnennetzen, nimmt deren Fragilität jedoch durch seine Transparenz wieder auf und übersetzt sie so in eine neue Bildsprache.

 

Durch die überdimensionale Größe von 195 x 130cm erfährt das Motiv der Spinnweben eine weitere Verwandlung und ermöglicht es Betrachtenden in diesen Mikrokosmos der Natur einzutauchen, ihn erfahrbar und greifbar zu machen. Bewegungen im Raum werden durch die Leichtigkeit der Stoffe aufgenommen und reflektieren somit den Einklang von Natur, Tier und Mensch. Zugleich gewinnt der auf den Fotographien eingefrorene Augenblick durch die Bewegung der Stoffe an Verspieltheit. Dadurch wird er lebendig und das Momentane Augenblickhafte der Spinnweben wird wieder aufgenommen.
Das kleine, Unscheinbare bekommt durch die Größe eine neue Dimension und die unzähligen gesponnen Fäden mit allem, was sich darin verfangen hat, werden zu etwas Neuem abstrahiert. Die Spinnweben, die uns im Alltag als nutzlos erscheinen mögen werden durch die Installation sichtbar gemacht und zu Kunstwerken der Natur erhoben. Sie verweisen auf ihre Vergänglichkeit, ihre Existenz für einen Augenblick. Kunstvolles ist bereits in der Natur verborgen, wir müssen innehalten um es zu entdecken und eine Begegnung zuzulassen – und wenn diese auch nur einen Augenblick lang andauert.
Die zeichnerische Arbeit ist auf einer zusätzlichen Ebene zum Thema Augenblicke verbunden. Auch hier geht es um die Begegnung mit der Natur, jedoch in direktem Blickkontakt mit dem Tier.

 

Als meine Familie vor einigen Jahren Zuwachs durch eine Hühnerschar bekommen hatte, verbrachte ich jeden Tag mit den Hühnern. Ich beobachtete sie in ihren Verhaltensweisen und stellte Sozialstrukturen und individuelle Charakterzüge fest. Dies wollte ich zeichnerisch erfassen. Ich begann mich ihnen mit dem Bleistift anzunähern, erst durch schnelle Skizzen, dann durch immer intensivere Studienphasen. Ich wollte zu Papier bringen, dass jedes Huhn ein Individuum ist, seinen Wesenszug aufzeigen. Ich sehe ihm in die Augen und das Tier blickt mich an. Einen Augenblick lang passiert ein Augen-Blick, die Begegnung zweier Seelen.

 

Beide Arbeiten befassen sich mit der Wertschätzung der Natur. Während die fotographische Arbeit für den Bezug zur Natur im Allgemeinen und dem vom Tier Geschaffenen steht, bindet die zweite Arbeit das Tier selbst mit ein und zeigt es auf Augenhöhe, sich behauptend mit den Betrachtenden, die den Bezug zum Menschen in unserer Welt repräsentieren.