Der Einfluss der antiken Enkaustik auf Wachsmalverfahren in der Staffeleimalerei des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts
Inhalt
Das laufende Dissertationsprojekt von Elisabeth Fugmann soll den Einfluss der antiken Enkaustik auf Wachsmalverfahren im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert (ca. 1850– 1950) beispielhaft anhand von vier Künstlern, Maltechnikern und Forschern untersuchen und in einen größeren Zusammenhang bringen.
Die antike Enkaustik wurde im Untersuchungszeitraum einerseits im Rahmen früher kunsttechnologischer Forschungsansätze aus historisch-wissenschaftlicher Perspektive untersucht und in der zeitgenössischen Fachliteratur kontrovers diskutiert. Andererseits war aus künstlerischer Perspektive von Interesse, sie für die zeitgenössische Malerei zu adaptieren und fruchtbar zu machen.
Exemplarisch für diese unterschiedlichen Perspektiven stehen im Dissertationsprojekt der Schweizer Maler Arnold Böcklin (1827–1901) und der österreichische Maler Friedrich „Fritz“ Krcal (1888–1983), der Maler und Pionier der kunsttechnologischen Forschung Ernst Berger (1857–1919) und der Maler und Maltechniker Max Doerner (1870–1939). Ebenso sollen die Definition des Begriffes „Enkaustik“ und weiterer, damit in Zusammenhang stehender Begriffe im Untersuchungszeitraum analysiert werden: Was verstanden die Künstler, Maltechniker und andere Forscher unter „Enkaustik“, und welche Inhaltsstoffe und Verarbeitungsweisen wurden darunter zusammengefasst? Das Forschungsvorhaben soll ferner untersuchen, ob eine Entwicklung des Begriffes im Untersuchungszeitraum feststellbar ist.
Methoden
Für die Bearbeitung dieser Forschungsfragen sollen verschiedene Untersuchungsmethoden angewendet und kombiniert werden, um so ein umfassendes Bild zum Einfluss der antiken Enkaustik im untersuchten Zeitraum zu erlangen. Dieser kunsttechnologische Ansatz umfasst die Auswertung von schriftlichen Primär- und Sekundärquellen, kunsttechnologische Untersuchungen von Gemälden und historischen Probetafeln, Materialanalysen sowie das Anfertigen von maltechnischen Rekonstruktionsversuchen anhand der überlieferten Rezepte.
Dissertationsvorhaben
Wenige Maltechniken rufen ein so großes Interesse hervor und bieten ein so breites Interpretationsspektrum wie die Enkaustik, ein Wachsmalverfahren, das erstmals in antiken römischen und griechischen Quellen erwähnt und bis heute von Künstler*innen rezipiert wird.
Die Rezeption und zeitgemäße Interpretation der antiken Wachsmalverfahren durch Künstler*innen haben in der abendländischen Malerei eine lange Tradition: Beginnend mit der Renaissance versuchten verschiedene Künstler*innen und Maltechniker*innen, die antiken Malmaterialien, Werkzeuge und Malverfahren wiederzuerlangen beziehungsweise neu zu adaptieren und weiter zu entwickeln, nicht selten angeregt von kommerziellen Interessen. Dieser Prozess wurde durch verschiedene Schlüsselmomente geprägt, wie die Wiederentdeckung Herculaneums (1709) und Pompejis (1748). Einen weiteren Interesseschub an der Enkaustik gab die Wiederentdeckung der ägyptischen spätantiken Mumienporträts in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Das 2022/23 von Elisabeth Fugmann begonnene Dissertationsprojekt soll den Einfluss der antiken Enkaustik auf Wachsmalverfahren im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert (ca. 1850–1950) beispielhaft anhand von vier Künstler*innen, Maltechniker*innen und Forscher*innen untersuchen und in einen größeren Zusammenhang bringen. Die antike Enkaustik wurde damals einerseits im Rahmen früher kunsttechnologischer Forschungsansätze aus historisch-wissenschaftlicher Perspektive untersucht und in der zeitgenössischen Fachliteratur kontrovers diskutiert. Andererseits war aus künstlerischer Perspektive von Interesse, sie für die zeitgenössische Malerei zu adaptieren und fruchtbar zu machen. Exemplarisch für diese unterschiedlichen Perspektiven stehen im Dissertationsprojekt der Schweizer Maler Arnold Böcklin (1827–1901) und der österreichische Maler Friedrich „Fritz“ Krcal (1888–1983), der Maler und Pionier der kunsttechnologischen Forschung Ernst Berger (1857–1919) und der Maler und Maltechniker Max Doerner (1870–1939). Fragen, die sich hierbei stellen, sind, wie sich die zeitgenössische „maltechnische Ratgeberliteratur“, frühe kunsttechnologische Forschung und maltechnische Experimente der Künstler gegenseitig beeinflussten und welche unterschiedlichen Interpretationen der Enkaustik sich daraus ergaben.
Einen Schwerpunkt bilden die Geschichte und Definition des Begriffes „Enkaustik“ und der damit im Zusammenhang stehenden Begriffe wie „punisches Wachs“, „Cestrum“, „Cauterium“ und „Ganosis“ im Untersuchungszeitraum: Was verstanden die Künstler*innen, Maltechniker*innen und andere Forscher*innen darunter, welche Inhaltsstoffe und Verarbeitungsweisen wurden darunter zusammengefasst?
Ebenso steht das Thema auch im Kontext anderer zeitgenössischer Maltechnikdebatten, in denen auch weitere historische Maltechniken wie die Temperamalerei wiederentdeckt und für die Malerei fruchtbar gemacht wurden.
Für die Bearbeitung der Forschungsfragen sollen verschiedene Untersuchungsmethoden angewendet und kombiniert werden, um so ein umfassendes Bild zum Einfluss der Enkaustik im untersuchten Zeitraum zu erlangen. In Kooperation mit dem Kunstmuseum Basel, der Alten Nationalgalerie Berlin, dem vorarlberg museum in Bregenz, dem Deutschen Museum und dem Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München soll eine Auswahl von Gemälden von Böcklin und Krcal sowie von Probetafeln und Rekonstruktionen von Doerner und Berger kunsttechnologisch und materialanalytisch untersucht werden.
Ebenso sollen schriftliche Primär- und Sekundärquellen ausgewertet, sowie anhand überlieferter Rezepte maltechnische Rekonstruktionsversuche angefertigt und mit den entsprechenden Gemälden und historischen Rekonstruktionen verglichen werden.
Die Forschungsarbeit konzentriert sich auf den deutschsprachigen Raum und befasst sich ausschließlich mit dem Einfluss der antiken Enkaustik auf Wachsmalverfahren in der Staffeleimalerei.
Personen
Vita
2018 Nach einem wissenschaftlichen Volontariat am Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München arbeitet Elisabeth Fugmann seit 2018 beim vorarlberg museum in Bregenz (AT) als Restauratorin für Gemälde und gefasste Skulpturen.
2016 führte sie für ihre Masterthesis kunsttechnologische Untersuchungen an Mumienporträts durch, als Teil des Forschungsprojektes „Inkarnat und Signifikanz – Das menschliche Abbild in der Tafelmalerei von 200 bis 1250 im Mittelmeerraum“ (zikg.eu/forschung/publikationen).
2014 In ihrer Bachelorthesis 2014 entwickelte sie ein Konservierungs-/ und Restaurierungskonzept für den Hostienwunderzyklus der Wallfahrtskirche St. Salvator in Donaustauf, acht um 1600 datierte, großformatige Holztafelgemälde.
vor 2011 Nach einer Lehre zur Holzbildhauerin studierte Elisabeth Fugmann „Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaften“ an der Technischen Universität München. Während des Studiums absolvierte sie Auslandsaufenthalte in den USA (PROMOS-Stipendium) und in Italien.
Publikationen
2021
Elisabeth Fugmann. „The Making of the Boethius Diptych“. In: Catharina Blänsdorf, Nicole D. Pulichene, Esther Wipfler (Ed.) The Boethius Diptych. New Findings in Technical Art History, Iconography, and Paleography, München 2021, S. 43–87. zikg.eu/forschung/publikationen
2019
Elisabeth Fugmann, Yvonne Schmuhl. „Das Mumienporträt eines Mädchens im Bonner Akademischen Kunstmuseum“, Kölner und Bonner Archaeologica 7/2017, S. 195–212. academia.edu
2017
Elisabeth Fugmann. „Maltechnische Untersuchung von drei Mumienporträts im Liebieghaus“. In: Yvonne Schmuhl, Esther Wipfler (Hg.): Inkarnat und Signifikanz – Das menschliche Abbild in der Tafelmalerei von 200 bis 1250 im Mittelmeerraum, München 2017, S. 220–229. zikg.eu/forschung/publikationen