„Die Pfeile des wilden Apollo. Klopstockkult & Ossianfieber“
Inhalt
Eröffnung: Donnerstag, 06.03.2025, 19–22 Uhr
Laufzeit: 07.03.–25.05.2025
Öffnungszeiten: Di–So 10–18 Uhr
Jahrzehnte vor der französischen Revolution kam es in der Ära der Aufklärung zu einem abrupten Einbruch des Irrationalen, der sich in überschwänglichen Gefühlsäußerungen, in Vorstellungen eines spiritualistischen Geschlechtertauschs und einer gebrochenen, heroisch-introspektiven Kunstauffassung äußerte. Der sich abzeichnende Epochenwechsel leitete eine für die Bildkunst problematische Ablösung des Augenscheins durch das Sphärische und Diffuse ein mit einer verstärkten Hinwendung zur Akustik.
Nichts scheint diesen „acoustic turn“ besser zu fassen als der Topos des blinden Sehers und Dichtersängers, der in den Ausprägungen eines Homer, eines Ossian und eines John Milton als dichterisches Leitbild dieses Epochenwechsels fungierte. Miltons grandiose innere Bilder wurden als Inbegriff des romantisch Sublimen gehandelt, der von ihm literarisierte Mythos des verlorenen und wiedergewonnenen Paradieses mit dem mesmeristischen Wachschlaf assoziiert. Es war der deutsche Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock, der sich seit den frühen 1750er Jahren mit seinem pietistischen Epos „Der Messias. Ein Heldengedicht“ als Nachfolger Miltons in Stellung brachte und damit auch den selbsternannten englischen Nationalbarden William Blake herausforderte.
Für den Kulturphilosophen Herder waren die „Pfeile des wilden Apollo“ die mitreißenden Klänge einer frühen Folkbewegung und die nordischen Drone-scapes einer aufkeimenden Nationalmystik, die sich in dem pseudo-keltischen Dichtungszyklus „Ossian“ ankündigte. In den Visionen des Dichter-Superstars Klopstock erschien der wilde Apollo in einer kelto-germanischen Aufmachung, die die Welt mit ihrem Bardengesang und kosmischen Eistanz in kreativen Aufruhr versetzte. Der passionierte Eisläufer Klopstock, der nirgends populärer als in Österreich war, stieg zum Vorbild einer empfindsamen Skater-Bewegung auf, die Entgrenzung in der Motorik suchte.
Die Ausstellung reflektiert anhand einiger signifikanter künstlerischer Beispiele den Epochenwechsel von der Aufklärung zum Irrationalismus des Sturm und Drang und der Romantik. Erstmals wird Klopstocks immenser Einfluss auf die Bildkunst und Musik seiner Zeit beleuchtet. Über Interpret*innen wie Angelika Kauffmann, Heinrich Friedrich Füger, Josef Abel und Franz Schubert war der republikanische Dichter zur Zeit der Befreiungskriege überraschenderweise auch im habsburgischen Kaisertum überaus präsent. Zu den Klängen von Joseph Haydn, Willibald Gluck und Franz Schubert werden Werke des österreichischen Klassizismus, Zeugnisse der internationalen Frühromantik und narkotische Bildwelten der Nazarener kombiniert.
Neben Werken aus der Gemäldegalerie und zahlreichen Leihgaben bilden Exponate aus dem Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien einen Schwerpunkt in der Ausstellung. Das Projekt wird weiters im Rahmen der Lehre unter Beteiligung von Studierenden der Akademie der bildenden Künste Wien ausgeführt und ist in der Exhibit Galerie und drei Räumen der Gemäldegalerie zu sehen. Als Begleitbuch zur Ausstellung „Die Pfeile des wilden Apollo“ erscheint ein umfangreicher Bild-Essay-Band.
Kurator der Ausstellung ist Prof. Alexander Roob, der von 2002 bis 2022 Professor für Freie Grafik mit Malerei an der ABK Stuttgart war.
Weitere Informationen unter kunstsammlungenakademie.at